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TECH
Die Kunst des Skelettierens
Die intrinsische Schönheit der mechanischen
Uhrmacherei hat ihre Konstrukteure schon früh dazu
veranlasst, sie zu einem ihrer Hauptanziehungspunkte
zu machen. Dieses Streben nach Ästhetik sollte
sich jedoch nicht auf einen Gehäuseboden aus
Saphirglas beschränken, wie es bei fast allen zeit-
genössischen Uhren der Fall ist. Die Uhrmacher
waren nämlich schon sehr früh der Ansicht, dass
sich die Verzierung des Uhrwerks nicht nur auf die
Oberflächenbehandlung seiner Bestandteile durch
verschiedene Gravur- und Poliertechniken beschrän-
ken sollte, sondern auch durch das Entfernen von
Material erreicht werden kann. Mit anderen Worten,
es ging darum, die Konstruktion des Uhrwerks her-
vorzuheben, indem man nicht nur einen freien Blick
auf das gesamte oder einen Teil des Kalibers gewährt,
sondern auch die Komponenten selbst bearbeitet, um
Leichtigkeit und Reinheit der Formen zu erreichen.
So entstanden das Skelettieren und die sogenannte
Ajourage von Uhrwerken.
Bei diesen beiden Techniken werden Öffnungen in
die Oberflächen von Platinen und Brücken geschnitten,
um die Schönheit des Mechanismus zu enthüllen, wobei
Transparenz und Ästhetik im Vordergrund stehen, ohne
die Funktion zu beeinträchtigen. Von Ajourage spricht
man, wenn die Oberfläche teilweise geöffnet wird, um
bestimmte Teile des Uhrwerks zu enthüllen. Beim
Skelettieren hingegen wird die gesamte Struktur des
Uhrwerks maximal erleichtert und verfeinert, um eine
höchstmögliche Transparenz zu erreichen. Auf diese
minutiöse Arbeit, die zunächst durch Drahterosion oder
manuelles Sägen und dann mit einer Feile ausgeführt
wird, folgen das Ziehen der Flanken, das Anglieren und
die sorgfältige Dekoration jedes einzelnen Teils.
Das Skelettieren mag nicht als uhrmacherische
Komplikation im eigentlichen Sinne gelten, da es
keine zusätzliche Funktion zu den grundlegenden
Zeitangaben bietet, dennoch ist es eine äußerst kom-
plexe Arbeit. Und da die Kinetik des Uhrwerks heute
wirklich als Ausdruck einer Kunst angesehen wird, ist
die Skelettierung eine wesentliche Konstante, die in
manchen Fällen sogar die Architektur des Uhrwerks
bestimmt. Das Skelett scheint dann in der Luft zu
schweben, fast so immateriell wie die vergehenden
Sekunden… ■
1. BREGUET Tradition Tourbillon 7047. Die neue Tradition
Tourbillon zeigt starke Farbtöne, die eine der faszinierendsten
uhrmacherischen Komplikationen von gestern bis heute her-
vorheben. Der Mechanismus des Tourbillons mit Antrieb über
Kette und Schnecke ist nun mit blauen Akzenten durchsetzt.
2. GRAND SEIKO Kodo Constant Force Tourbillon. Im Jahr
2022 stellte Grand Seiko seine erste mechanische Komplikation
vor, das Kodo Tourbillon mit konstanter Kraft. Die Geschichte
des Modells wird mit dieser neuen, von der Morgenröte inspi-
rierten Version fortgesetzt, eine Ästhetik, die seine erste Aus-
gabe perfekt ergänzt.
3. AUDEMARS PIGUET Royal Oak Tourbillon Volant
Squelette Sand Gold. Audemars Piguet setzt seine Suche
nach neuen Materialien fort und präsentiert seinen ersten
Zeitmesser in Sand Gold, einer neuen 18-karätigen Goldle-
gierung, die reich an Lichtspielen ist. Die Farbe wechselt mit
den Bewegungen des Handgelenks und dem Lichteinfall und
ist eine Mischung aus Grau- und Rotgold.
4. CHOPARD Alpine Eagle XP TT. Mit Alpine Eagle hat Cho-
pard eine zeitgenössische sportlich-schicke Kollektion geschaf-
fen, die nun einen neuen Zeitmesser hervorbringt. Er bietet
einen vollständigen Einblick in die Mechanik des Uhrwerks
L.U.C 96.17-S: ein Kaliber mit einer Höhe von nur 3,30 mm
und durchbrochenen Komponenten.
Engagierte Uhrmacherei
Mit der Ankündigung der „weltweiten Partnerschaft“
mit Alpine Motorsports im Jahr 2024 hat H. Moser
& Cie. wieder einmal alle überrumpelt. Dies umso
mehr, als diese Partnerschaft das gesamte Spektrum
der Automarke Alpine abdeckt, insbesondere ihr
Engagement in der Welt der Formel 1 mit dem BWT
Alpine F1 Team oder auch in der FIA Langstrecken-
Weltmeisterschaft. Um diese neue Allianz zu besie-
geln, präsentierte H. Moser & Cie. gleich darauf eine
Streamliner Alpine Limited Edition, eine wunderschön
skelettierte, skulpturale Uhr mit Tourbillon und zylin-
drischer Spiralfeder. Zwar sind Verbindungen zwi-
schen Uhrenmarken und Automobilherstellern, die
eine gemeinsame mechanische Leidenschaft verbin-
det, keine Seltenheit, aber H. Moser & Cie. hätte man
in diesem Universum nicht unbedingt erwartet. Und
doch scheint sich das Unternehmen dort wie ein Fisch
im Wasser zu fühlen. „Die Zusammenarbeit ist inter-
essant, weil sie es ermöglicht, neue Gebiete zu erkun-
den, mit anderen Fachleuten neue Dinge zu unter-
nehmen und unterschiedliche Perspektiven zu teilen“,
erklärte Edouard Meylan, CEO von H. Moser & Cie. bei
der Bekanntgabe der Partnerschaft.
Ein Jahr später hat diese Erkundung weitge-
hend Früchte getragen, nicht ohne eine weitere
Überraschung. Wie die Marke erklärt, ging es bei der
Zusammenarbeit mit Alpine Motorsports nie um einen
einfachen Marketing-Gag, sondern darum, „einen
anspruchsvollen, authentischen und engagierten
Weg der gemeinsamen Entwicklung zu beschreiten“.
Zu den jüngsten Entwicklungen gehören zwei neue
Uhren: die Streamliner Alpine Mechanics Edition,
eine Smartwatch, die speziell auf die konkreten
Bedürfnisse eines Formel-1-Teams zugeschnitten
ist, und die Streamliner Alpine Drivers Edition, ein
mechanischer Chronograph mit Flyback-Funktion,
zentraler Minuten- und Sekundenanzeige und ohne
Hilfszähler. Dieser Chrono, der von dem in der Genfer
Werkstatt Agenhor entwickelten AgenGraphe-Uhrwerk
angetrieben wird, wird zum ersten Mal in einer ske-
lettierten Version angeboten. Seine Ästhetik ist das
Resultat der Zusammenarbeit mit den Piloten. Das
Ergebnis ist ein durchbrochenes Zifferblatt, das den
Blick auf das Räderwerk des Uhrwerks freigibt, und eine
Farbkodierung, die zwischen Blau und Weiß schwankt
und sowohl die Geschwindigkeit als auch die Identität
von Alpine zum Ausdruck bringen soll.
Wie H. Moser & Cie. mitteilt, ist dieses Uhrenduo,
das in einer auf 200 Exemplare limitierten Serie ange-
boten wird, der Vorbote einer langen Reihe gemeinsa-
mer Projekte mit einer klaren Linie, nämlich der einer
„nützlichen, engagierten und visionären“ Uhrmacherei.
■ CR
H. Moser & Cie.
Steamliner Alpine Drivers Edition