Germany Edition 2025 – Frankfurter Allgemeinen Zeitung

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Vielversprechendes

Comeback

Die Uhren von Tiffany sind zurück. Seit der

Übernahme durch LVMH hat die führende

amerikanische Schmuckmarke eine neue

Vision für ihre Uhren entwickelt: Sie ver-

bindet den Geist und den Glanz ihrer iko-

nischsten Schmuckstücke mit raffiniertem

uhrmacherischem Know-how.

Tiffany hat eine Geschichte. Uhren wurden vom

Juwelier 1847 in den Katalog aufgenommen, und

die Marke entwickelte sich zu einem der führenden

Einzelhändler für Taschenuhren und Tischuhren in

den Vereinigten Staaten mit Werkstätten in Genf und

New York. Das Buch Tiffany Timepieces von John Loring

beginnt mit einer Darstellung von Mark Twain, der auf

der Weltausstellung 1876 in Philadelphia eine 25.000

Dollar teure Tiffany-Uhr bewundert.

Als Importeur europäischer Uhren wurde das Haus

Tiffany zum Exklusivvertreter von Patek Philippe in

den Vereinigten Staaten. 1874 eröffnete es seine eigene

Uhrenmanufaktur in Genf, da Charles Lewis Tiffany,

der von der hochmodernen Produktion der US-Marke

Waltham beeindruckt war, der Meinung war, dass die

dort verwendeten Techniken zur Verbesserung der

Schweizer Produktion beitragen könnten. Das Ergebnis

war eine interessante Mischung aus Schweizer Haute

Horlogerie und Tiffany-Juwelierskunst, die die Marke

dazu veranlasste, ab den 1880er Jahren immer mehr

Schmuckuhren zu kreieren.

Um die Jahrhundertwende war Tiffany & Co. für

die amerikanische Elite unverzichtbar. Als sie Kapitän

Arthur H. Rostron von der RMS Carpathia für die Rettung

ihres Lebens beim Untergang der RMS Titanic beloh-

nen wollten, dachten die Witwen von drei der reichs-

ten Geschäftsleute New Yorks, John Jacob Astor, John B.

Thayer und George D. Widener, sofort an eine Taschenuhr

von Tiffany & Co.

Ab Mitte der 1930er Jahre diversifizierte Tiffany seine

Lieferanten und arbeitete mit Waltham, Hamilton sowie

Schweizer Herstellern zusammen. Das Unternehmen

entwickelte sich zum größten Einzelhändler und

Hersteller von Uhren in den Vereinigten Staaten. Mit

dem Eintritt des Designers Jean Schlumberger in den

1950er Jahren schuf Tiffany die originellsten Uhren sei-

ner Geschichte.

In den folgenden Jahrzehnten präsentierten die

blauen Bücher oder Kataloge von Tiffany zahlreiche inno-

vative Modelle, darunter eine der ersten Digitaluhren,

die Tiffany Pulsar. Die Jahre 1980 bis 2000 waren geprägt

von einer Reihe erfolgreicher Kreationen, die von großen

Namen wie Elsa Peretti, Paloma Picasso, John Loring und

Jorg Hysek (Schöpfer der berühmten 222 von Vacheron

Constantin) entworfen wurden.

Nun ist die Kreativität wieder zurück. Das Erbe steht

im Mittelpunkt dieser Renaissance, einer Art „Rückkehr

in die Zukunft“, die sich auf Archivzeichnungen, Star-

Designer von Tiffany und die Architektur New Yorks

stützt. Es handelt sich um einen fusionellen Ansatz in

der Uhrmacherkunst, der seinen Glanz und Stil aus tra-

ditionellen Quellen bezieht. So inspirierte die Brosche

„Bird on a Rock“ von Schlumberger die Uhr „Bird on a

Flying Tourbillon” (siehe S. 67), sowohl im Geist als auch

in den Details. Die Uhr verfügt über ein Zifferblatt aus

Champlevé-Emaille, applizierte Blumen und ein mit

Diamanten besetztes Hilfszifferblatt um ein fliegen-

des Tourbillon. Das exklusive, von Artime entwickelte

Uhrwerk wird mit handwerklichem Know-how kom-

biniert – 80 Stunden fürs Emaillieren, 40 Stunden fürs

Ausfassen des Vogels – in einer Ausführung, die an die

charakteristische Fantasie von Schlumberger erinnert.

Die Haute Joaillerie gibt den Ton an, aber Tiffany hat

auch seinen Flaggschiff-Kollektionen neues Leben ein-

gehaucht, stets das Erbe des Hauses im Auge: Das Rope-

Motiv (Zopfmuster), eines der bekanntesten Motive von

Jean Schlumberger, findet in einer Uhr neues Leben, die

die eingeschlagene Richtung perfekt zum Ausdruck

bringt. Konzentrische Kreise aus gewundenem Gold,

die einen Diamantenkreis umgeben, bilden eine breite

Lünette um ein Zifferblatt (schwarz oder aus Perlmutt),

in dem die Solarzellen für den Antrieb versteckt sind.

Ein vergleichbarer Ansatz prägt die Kollektion

HardWear, die an eine 1962 lancierte Schmuckkollektion

erinnert. Sie verbindet industriellen Chic und

Juwelierskunst in originellen Uhren in Kissenform (mit

im Stil des Tiffany Diamond facettiertem Saphirglas und

Boden), die an vierzehngliedrigen Kettenarmbändern

präsentiert werden, die trotz ihres Aussehens fließend

und angenehm zu tragen sind. Unter den ersten drei

Modellen sticht eines heraus: es fasziniert durch ein in

Tiffany-Blau lackiertes „Crush”-Zifferblatt mit einem

Muster, das an Diamantscherben erinnert, umgeben von

Diamanten, die auf der Lünette und den Bandanstößen

gefasst sind – eine gewagte Komposition, kontrastiert

von einem Stahlgehäuse und einem HardWear-Armband

aus Silber.

Wie man sich vorstellen kann, ist dies nur der Anfang,

denn John Lorings Werk ist ein wahrer Schatz, ganz zu

schweigen vom Rest des Archivs. Mit solch reichhalti-

gen Ressourcen und einem Team, das in der Lage ist, der

Erneuerung traditioneller Designs Geist und Charakter

zu verleihen, scheint die Zukunft von Tiffany gesichert

zu sein. ■ James Gurney

1. TIFFANY & CO. Schlumberger by Tiffany & Co. Bird on a

Rock. Inspiriert von der gleichnamigen Brosche, einer legendä-

ren Kreation von Jean Schlumberger aus dem Jahr 1965, umfasst

die Uhrenkollektion Schlumberger by Tiffany & Co. Bird on a Rock

verschiedene Haute-Joaillerie-Modelle. Die hier vorgestellte Uhr

aus Weißgold mit einem Durchmesser von 36 mm ist mit 36 far-

bigen Edelsteinen (Saphire, Topase und Smaragde) und über 700

Diamanten besetzt. Dank eines raffinierten Systems dreht sich

der Vogel, der auf einem Ring am Rand des Zifferblatts sitzt, mit

den Bewegungen des Handgelenks. Quarzwerk.

2. TIFFANY & CO. HardWear. Die Kollektion HardWear ist von

einem Armband aus dem Jahr 1962 inspiriert. Sie greift dessen

Glieder auf beiden Seiten eines kissenförmigen Gehäuses (24 x

24 mm) auf. Das wertvollste Modell verfügt über ein Stahlgehäuse,

das mit 54 Diamanten im Brillantschliff besetzt ist, sowie ein Arm-

band aus 925er Silber, das in verschiedenen Längen erhältlich ist.

Das Zifferblatt in Tiffany Blue® ist mit einem facettierten Saphir-

glas bedeckt, das an den Schliff des legendären Tiffany-Diaman-

ten erinnert. Quarzwerk.