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Mit der 2005 lancierten Big Bang passte Hublot
den neuen hochtechnischen Ansatz an eine bereits
ausgefallene Marke an. Das Skelett wurde schnell zu
einem Teil ihrer Identität – so sehr, dass es zuwei-
len fast überraschend ist, eine Hublot mit geschlos-
senem Zifferblatt zu sehen. Die Marke war auch an
der Einführung neuer Materialien und Veredelungen
beteiligt, wodurch sie Skelette in einheitlichen Farben
entwerfen und so die mit früheren Konzepten ver-
bundene Verwirrung minimieren konnte. Wie es sich
für Hublot gehört, wurden kurzerhand 500 Baguette-
Diamanten hinzugefügt, um die Big Bang One Million
Dollars von 2007 zu realisieren, eine Uhr, die den
Einfluss und technischen Ehrgeiz der Marke zu die-
ser Zeit perfekt verkörperte. Anschließend trieb Hublot
das Skelettkonzept mit Uhren wie der MP05 LaFerrari
auf die Spitze, die das Design des Automotors nach-
bilden sollte.
Der Beitrag von Cartier, mit Carole Forestier-Kasapi
an der Spitze der damals noch jungen Division Haute
Horlogerie, bestand darin, die ästhetischen Codes des
Hauses in die Architektur des Uhrwerks einfließen zu
lassen, beispielsweise bei Uhren wie der Santos 100
aus dem Jahr 2009, bei der die charakteristischen
römischen Ziffern zur Gestaltung der Brücken des
Uhrwerks verwendet wurden.
Auch wenn Skelettuhren im Stil der 1980er
Jahre, wie die erwähnten von Audemars Piguet und
Blancpain, praktisch verschwunden sind, bleibt das
Konzept ein Standardwerkzeug im Werkzeugkasten
des Uhrendesigners. Manchmal wird ein bestimm-
ter Mechanismus zur Schau gestellt, wie bei der
Freak von Ulysse Nardin, bei der das Räderwerk
über dem Zifferblatt schwebt und die einzige Brücke
als Stundenzeiger dient, oder bei der Strike One
von Chopard, die ihren Schlagwerkmechanismus
offenbart, und manchmal ist das Skelett integra-
ler Bestandteil des Designs, wie bei den avantgar-
distischen Kreationen von Jean-François Mojon für
Cyrus. Die Uhr, die zweifellos die moderne Skelettuhr
par excellence darstellt, wurde jedoch bei ihrer
Markteinführung kaum beachtet und erhält nur sel-
ten die Aufmerksamkeit, die sie verdient. 1980 brachte
Corum das Modell Golden Bridge mit einem von
Vincent Calabrese entworfenen Baguette-Uhrwerk
auf den Markt, das in einem Saphirgehäuse schwebt
– eine Uhr, die heute fast genauso beeindruckend ist
wie damals.
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1. JAEGER-LECOULTRE Reverso Hybris Artistica Calibre
179. Mit dem Duoface-Konzept zeigt das faszinierende Gyro-
tourbillon-Kaliber auf jedem Zifferblatt eine andere Zeitzone
an. Mit den Kunstfertigkeiten des Skelettierens, der Anglie-
rung und der Lackierung, die auf der Rückseite voll zur Gel-
tung kommen, wird die 31 x 51,1 mm große Uhr aus Weißgold
zu einem kleinen Wunderwerk im Art-Déco-Stil. Limitierte
Auflage von 10 Exemplaren.
2. RICHARD MILLE RM 16-02 Automatique Extraplate. Die
rechteckige Uhr von Richard Mille ist zurück mit einem bruta-
listisch inspirierten Stil, der durch eine bemerkenswerte Ske-
lettierung unterstrichen wird. Die rätselhaften Indexe folgen
dem Labyrinth des Uhrwerks in einem Gehäuse aus Titan mit
den Maßen 36 x 45,65 mm oder, wie hier, aus Quartz TPT®
Terracotta.
3. CHOPARD L.U.C Flying T Twin Perpetual. Das neue Auto-
matikwerk L.U.C 96.36-L vereint ein fliegendes Tourbillon und
einen ewigen Kalender mit Großdatum in einem Gehäuse mit
schlanken Linien. Das Modell aus Gelbgold mit einem Durch-
messer von 40,5 mm verfügt über ein Zifferblatt aus Gold mit
Sonnenstrahl-Guillochierung in Waldgrün. Genfer Punze.
4. FERDINAND BERTHOUD FB RSM. Als Besonderheit wurde
das Uhrwerk dieses Tourbillon-Chronometers mit Kette und
Schnecke gemeinsam mit einem Uhrmacherlehrling entwickelt,
der ihm seine Abschlussarbeit widmete. Es wird in einer limi-
tierten Auflage von 20 Exemplaren mit individueller Gehäu-
sewahl hergestellt: Die Wahl bleibt den Käufern überlassen.
Direkter Draht zur COSC
Die 1973 gegründete COSC (Offizielle Schweizerische
Chronometerprüfstelle) ist eine unabhängige
Organisation, die die Genauigkeit von überwiegend
mechanischen Uhrwerken und kompletten Uhren
aus Schweizer Produktion testet, und den erfolg-
reichen Kandidaten ein Chronometer-Zertifikat, d.
h. ein Zertifikat für hohe Präzision, verleiht. Jedes
Uhrwerk wird 12 bis 20 Tage lang in verschiedenen
Positionen und bei unterschiedlichen Temperaturen
strengen Tests unterzogen. Letztendlich dürfen
bei einem mechanischen Kaliber die unvermeidli-
chen Gangabweichungen die Spanne von -4 und +6
Sekunden pro Tag nicht übersteigen.
Es ist den Marken überlassen, ob sie die COSC-
Zertifizierung für ihre gesamte Produktion oder nur
für einen Teil davon nutzen wollen. Einige ziehen
ihre eigenen Qualitätssiegel vor, die in der Regel auf
weitere Qualitätsanforderungen ausgeweitet wer-
den. Derzeit sind etwa 40% der jährlich exportier-
ten mechanischen Uhren aus der Schweiz COSC-
zertifiziert. „Die COSC-Zertifizierung zu erhalten ist
keine Pflicht, aber es ist ein echter Mehrwert. Es ist
eine Garantie, die weltweit und über die Zeit hinweg
anerkannt wird“, erklärt der Direktor Andreas Wyss.
Diese Garantie wird durch eine auf dem Uhrwerk
eingravierte Nummer, ein mit der Uhr ausgestelltes
Zertifikat und häufig auch durch einen Hinweis auf
dem Zifferblatt verdeutlicht. Dennoch war die COSC
bislang für die Endkunden eine große Unbekannte.
Was ist neu?
Neues Logo, neues Signet, neue Website, Präsenz
in sozialen Netzwerken, abonnierbare Newsletter…
Von nun an wendet sich das COSC direkt an die
Besitzer von Uhren, die von ihm als Chronometer
zertifiziert wurden. Die COSC will zu einer eigen-
ständigen Marke werden und so weit wie möglich
zur Verbreitung des Schweizer Uhren-Know-hows
beitragen. Die Markenkunden werden eine bei-
spiellose Unterstützung gewinnen, die Endkunden
ein verstärktes Vertrauen. Mit dem Einverständnis
der Marken haben viele bereits jetzt Zugang zu den
Hintergründen der Chronometerzertifizierung und
können als Höhepunkt die Ergebnisse der Tests erfah-
ren, denen das Werk ihrer Uhr unterzogen wurde.
Die COSC hat beschlossen, den Marken die
Herausgabe einer speziellen Zertifizierungskarte
anzubieten. Es liegt an den Unternehmen, zu ent-
scheiden, ob sie ihren Kunden einen solchen Service
anbieten wollen oder nicht. Wir gehen davon aus,
dass viele Marken das Angebot annehmen werden.
■ MLB